Der Eiswinter 2021/2022 an den deutschen Küsten und der gesamten Ostsee
Inhaltsangabe
Der Eiswinter 2021/2022 an den deutschen Küsten war ein schwacher Eiswinter. Nennenswerte Eisbildung fand nur kurzzeitig Ende Dezember in geschützten Gebieten entlang der Ostseeküste und dem Stettiner Haff statt. Warme Temperaturen über den Jahreswechsel sorgten für ein schnelles Ende der Eisbedeckung. Der Eiswinter für die gesamte Ostsee war ein schwacher Eiswinter hinsichtlich der maximalen Meereisausdehnung. Die Dauer des Eiswinters vom ersten Auftreten von Meereis in der nördlichen Bottenwiek Ende Oktober bis zum Verschwinden des letzten Eises Anfang Juni hingegen war überdurchschnittlich lang. In den anderen Teilen der Ostsee war der Eiswinter jedoch zumeist kürzer als normal.
2.1 Wetterverhältnisse in den deutschen Küstengebieten
Der Winter 2021/2022 in Deutschland war der elfte zu warme Winter in Folge [1]. Dies zeigt sich auch im Vergleich der Monatsmitteltemperaturen von vier Wetterstationen entlang der deutschen Küste mit den langjährigen Mittelwerten der Vergleichsperiode von 1981-2010 in Tabelle 1. Es lagen alle Monatsmitteltemperaturen über den Werten des Vergleichszeitraums. Besonders hoch fielen die Abweichungen für die Monate Januar und Februar mit 2,8 °C–3,8 °C aus, während die Abweichungen für Dezember und März lediglich bei 0,4 °C–1,3 °C lagen.
Tabelle 1 Monatsmitteltemperaturen der Luft und deren Abweichung zum langjährigen Mittel der Periode 1981-2010. Datenquelle: Deutscher Wetterdienst (www.dwd.de).
Etwas detaillierter zeigt sich das Wettergeschehen im Verlauf der Tagesmitteltemperaturen dieser vier Wetterstationen in Abbildung 1. Im Dezember zeigt sich ein Wechsel zwischen wärmeren und kälteren Perioden. Erstmals um den 10.12.2021 wurden an den Stationen im Osten Tagesmitteltemperaturen unter dem Gefrierpunkt registriert. Kurz darauf steigen die Temperaturen jedoch wieder deutlich an. Ab dem 20.12.2021 gelangten mit einer nördlichen Strömung kalte Luftmassen polaren Ursprungs nach Deutschland [2]. An den Küsten traten einige Tage später an allen Station Tagesmitteltemperaturen unter dem Gefrierpunkt auf (siehe blau hinterlegte Bereiche in Abbildung 1). Insbesondere an den Stationen Greifswald und Schleswig wurden deutliche Minustemperaturen gemessen. Gebietsweise herrschte Dauerfrost und es trat zumeist mäßiger örtlich aber auch strenger Frost auf. Um den Jahreswechsel stiegen die Lufttemperaturen deutlich an und es wurden Tagesmitteltemperaturen bis in den zweistelligen Bereich erreicht. Für den restlichen Winter lagen die Tagesmitteltemperaturen bis auf wenige Ausnahmen über dem Gefrierpunkt. Einzig Anfang März kam es nochmal zu einer etwas kälteren Periode mit Nachtfrost und niedrigen Temperaturen im Tagesverlauf.
Abbildung 1 Tagesmitteltemperaturen ausgewählter Stationen entlang der deutschen Küste. Blau hinterlegt sind die Tage mit Tagesmitteltemperaturen unter dem Gefrierpunkt.
Kennzahlen zur Einordnung des Winters sind die Anzahl der Eistage, Tage an denen die Lufttemperatur unter dem Gefrierpunkt bleibt, sowie die Kältesumme, Betrag der Summe der negativen Tagesmitteltemperaturen. Diese sind für verschiedene Wetterstationen und die vier vergangenen Winter in Abbildung 2 dargestellt. Die Anzahl der Eistage des Winters 2021/22 ist meist geringer als die der vergangenen Winter, einzig für die Stationen Greifswald und Greifswalder Oie wurden im Vergleich zum Winter 2018/19 mehr Eistage gezählt. Im sehr warmen Winter 2019/20 sind für die ausgewählten Stationen keine Eistage aufgetreten. Die Kältesumme ist ein Maß für die Stärke des Winters. Winter mit einer Kältesumme unter 100 für die Monate November bis März sind milde Winter, zu denen alle vier vergangenen Winter zählen.
Abbildung 2 Anzahl der Eistage (Tage, an denen die Lufttemperatur nicht über den Gefrierpunkt steigt) und die Kältesumme (Betrag der Summe der negativen Tagesmitteltemperaturen) für Stationen entlang der deutschen Küste.
Die Wassertemperaturen entlang der Küste sind in den Abbildungen 3-5 dargestellt. Im November und Anfang Dezember haben die Wassertemperaturen konstant abgenommen. Die Schwankungen der Lufttemperatur im Dezember spiegeln sich in den Wassertemperaturen insbesondere der Boddengewässer und dem Kleinen Haff wider. Fast alle Stationen erreichten ihre minimalen Wassertemperaturen Ende Dezember im Zusammenhang mit der Kaltperiode. Entlang der Nordseeküste und der Außenküste blieben die Wassertemperaturen den ganzen Winter deutlich über dem Gefrierpunkt. Dort blieben die Wassertemperaturen ab Mitte Januar konstant bevor sie ab Mitte/Ende März zunehmen. Im Kleinen Haff und den Boddengewässern Rügens wurden während der Kaltperiode Ende Dezember Wassertemperaturen unter dem Gefrierpunkt (blau hervorgehobene Bereiche in Abbildung 6) gemessen. Hier steigen die Temperaturen ab Anfang Februar leicht und dann ab Mitte/Ende März deutlich an. Die Wassertemperaturen verdeutlichen, dass Eisbildung nur in einem sehr kurzen Zeitfenster und auf geschützte Gebiete entlang der Küste begrenzt überhaupt möglich war. An den Außenküsten und der Nordsee waren die Wassertemperaturen für eine Eisbildung deutlich zu hoch.
Abbildung 3 Wassertemperaturen entlang der deutschen Nordseeküste. Datenquelle: Norderney und Cuxhaven - Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger; Büsum - Schleuse Büsum, Brunsbüttel - WSA Brunsbüttel; Blankenese - Institut für Hygiene und Umwelt.
Abbildung 4 Wassertemperaturen entlang der Außenküste der deutschen Ostseeküste. Quellen: Warnemünde, Sassnitz, Travemünde - WSA Ostsee; Koserow - Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg.
Abbildung 5 Wassertemperaturen in den Boddengewässer Rügens und dem Kleinen Haff. Quellen: Karlshagen, Karnin, Barhöft, Stahlbrode, Wolgast, Sassnitz - WSA Ostsee.
2.2 Eisverhältnisse an der deutschen Nord- und Ostseeküste
Der Eiswinter 2021/22 an den deutschen Küsten war ein sehr kurzer Eiswinter. Analog mit der Kälteperiode Ende Dezember und den damit teils sehr niedrigen Lufttemperaturen setzte die erste Eisbildung in der Schlei am 21.12. und im Wismarer Hafen am 22.12. ein. Das Eis konnte sich jedoch nicht halten und erst einige Tage später ab dem 25./26.12. hat sich in geschützten Gebieten der Mecklenburg-Vorpommerschen Küste, der Schlei und der Flensburger Förde Eis gebildet. Die Eissituation am 27.12.2021 entlang der östlichen Küste zeigt sich sehr gut in dem optischen Satellitenbild von Sentinel-2 (siehe Abbildung 6) und dem Radarbild von Sentinel-1 (Abbildung 7). In dem optischen Bild zeigt sich die Eisbildung vor allem im Kleinen Haff anhand weißlicher Strukturen, die sich vom dunklen Wasser abheben. In der Darß-Zingster-Boddenkette und entlang der Westküste Rügens ist die Eisbildung ohne Vergrößern des Bildes hingegen schwer zu erkennen. Im Radarbild in Abbildung 7 ist die Eisbildung im Kleinen Haff, den Boddengewässern westlich Rügens aber auch dem Salzhaff durch die deutlich dunkleren Strukturen, die durch die Dämpfung der Oberflächenwellen des Wassers bei einsetzender Eisbildung entstehen, gut zu erkennen.
Abbildung 6 Sentinel-2 Bild des Stettiner Haffs und der Boddengewässer vom 27.12.2021 [Copernicus Sentinel data 2021]. Das Eis hebt sich als weißliche Strukturen vom ansonsten schwarzen Wasser ab.
Abbildung 7 Sentinel-1 Radarbild der deutschen Ostseeküste vom 27.12.2021 [Copernicus Sentinel data 2021]. Eisbildung zeigt sich durch dunkle Strukturen im helleren offenem Wasser.
An der Nordsee wurde nur in den Häfen von Büsum, Husum und Emden Neueis nach den Feiertagen gemeldet. Mit dem Einsetzen höherer Lufttemperaturen über dem Gefrierpunkt und teilweise Niederschlag über den Jahreswechsel verschwand das Eis entlang der gesamten Nord- und Ostseeküste jedoch sehr zügig wieder. Einzig im Kleinen Haff hielt sich das Eis örtlich über den Jahreswechsel hinaus. Durch die kurzzeitig recht kalten Temperaturen mit Dauerfrost wurde örtlich bis zu zehn Zentimeter dickes Eis erreicht. Der Nachtfrost Anfang März sorgte noch einmal für etwas Neueisbildung in der Flensburger Förde, der Schlei und dem Hafen von Wismar. Dieses ist jedoch meist im Tagesverlauf wieder verschwunden.
Der Verlauf des Eiswinters zeigt sich auch an Hand der täglichen flächenbezogenen Eisvolumensumme von jeweils 13 Klimastationen an der Ost- und Nordseeküste in der Abbildung 8. Die zwei kurzen Perioden mit Eisbildung Ende Dezember und Anfang März in der Ostsee und Ende Dezember an der Nordsee sind eindeutig zu erkennen. Die flächenbezogenen Eisvolumensumme ist eine Maßzahl für die Stärke eines Eiswinters an den deutschen Küsten, die aus der Eisdicke, dem Eisbedeckungsgrad und der Dauer des Eisvorkommens berechnet wird [3]. Die Klimastationen sind Borkum/Westerems, Emden (Emsgebiet und Außenhafen), Norderney/Seegat, Wangerooge/Watten, Hohe Weg/Leuchtturm, Brake (Weser), Helgoland, Stadersand/Elbe, Brunsbüttel, Hamburg/Landungsbrücken, Husum (Hafen), Amrum/Schmaltief und Tönning (Hafen) für die Nordsee und Koserow, Arkona, Landtiefrinne, Vierendehlrinne, Warnemünde/Seegebiet, Rostock-Warnemünde, Walfisch-Timmendorf, Travemünde-Lübeck, Marienleuchte/Seegebiet, Westermarkelsdorf/Seegebiet, Eckernförde (Hafen), Schleimünde-Schleswig und Flensburg-Holnis für die Ostsee. Für die Klimastationen in der Nordsee hat sich in diesem Winter lediglich in Husum Eis gebildet und an der Ostsee nur für Flensburg-Holnis und in der Schlei. Durch die Wahl der Klimastationen für die Ostsee zeigt sich kein großer Unterschied zwischen den beiden kurzen Kaltperioden, da die inneren Boddengewässer und das Kleine Haff, wo sich auch in schwachen Eiswintern meist Eis bildet, in der Berechnung der Eisvolumensumme als Klimaindikator unberücksichtigt bleiben.
Abbildung 8 Tägliche flächenbezogene Eisvolumensumme der 13 jeweils Klimastationen an der Ost- und Nordseeküste.
Insgesamt wurde im Winter 2021/22 an 20 von 123 Eisstationen an der Nord- und Ostseeküste Eis gemeldet. Die meisten Tage mit Eis gab es an den Stationen Flensburg-Holnis mit 11 Tagen und auf der Schlei mit 10 Tagen. An der Nordseeküste wurde an der Station Emden(Binnenhafen) mit 4 Tagen die meisten Tage mit Eis gezählt. Eine Übersicht über alle deutschen Eisbeobachterstationen mit Eismeldungen in diesem Winter finden sich in den Anhängen A und B.
2.3 Schifffahrtsverhältnisse an der deutschen Nord- und Ostseeküste
Die Schifffahrt an den deutschen Küsten wurde im Winter 2021/22 nicht nennenswert durch Eis behindert. Für kleine Schiffe und Freizeitboote bestanden örtlich kleinere Behinderungen.
2.4 Eiswinterstärke
Die Eiswinterstärke an der deutschen Nord- und Ostseeküste wird durch die akkumulierte flächenbezogene Eisvolumensumme der jeweils 13 Klimastationen (siehe 2.2) festgelegt. Die akkumulierte Eisvolumensumme des Winters 2021/22 ist für die Nord- und Ostsee in Abbildung 9 dargestellt. An der Ostsee wird eine flächenbezogene Eisvolumensumme von 0.03 m und an der Nordsee von 0.003 m erreicht. Damit waren es für Nord- und Ostsee die jeweils zehnten schwachen Eiswinter in Folge, wie die Zeitreihen in den Abbildungen 10 und 11 zeigen. Die schwarzen Linien teilen die Eiswinter in schwache, mäßige, starke, sehr starke und extrem starke Eiswinter ein.
Abbildung 9 Akkumulierte flächenbezogene Eisvolumensumme der jeweils 13 Klimastationen an der Ost- und Nordseeküste.
Abbildung 10 Zeitreihe der Eisvolumensummen seit 1879 an der deutschen Ostseeküste. Die schwarzen Linien teilen die Eiswinter in schwache, mäßige, starke, sehr starke und extrem starke Eiswinter ein.
Abbildung 11 Zeitreihe der Eisvolumensummen seit 1897 an der deutschen Nordseeküste. Die schwarzen Linien teilen die Eiswinter in schwache, mäßige, starke, sehr starke und extrem starke Eiswinter ein.
An der Ostsee waren über die gesamte Zeitreihe seit 1878/79 (142 Jahre) 20 Winter schlechter oder gleich dem Winter 2021/22 und an der Nordsee waren es seit 1896/97 (125 Jahre) 18 Winter. Aus den Zeitreihen ist auch zu erkennen, dass es im neuen Jahrtausend mit Ausnahme des Winters 2009/10 an der Ostsee keinen starken Winter mehr an den deutschen Küsten gegeben hat.
Im Skagerrak hat sich etwa von Anfang Dezember bis in den März hinein in geschützten Buchten entlang der norwegischen Küste und vereinzelt auch entlang der schwedischen Küste Eis gebildet. In besonders geschützten Buchten der norwegischen Küste ist örtlich dickeres Festeis entstanden. Entlang der Dänischen Inseln und Küste hat sich im Laufe des Winters vereinzelt Neueis gebildet, welches sich aber nie länger gehalten hat.
In der südlichen Ostsee hat sich zum Jahresende um den 26. Dezember Eis im Stettiner Haff gebildet. Das letzte Eis war schon kurz nach dem Jahreswechsel wieder verschwunden. An den Außenküsten der südlichen und südöstlichen Ostsee und der schwedischen Südküste gab es in diesem Winter kein nennenswertes Eis. Die Schifffahrt wurde in diesen Gebieten großenteils nicht beeinträchtigt. Lediglich in einigen kleineren norwegischen Fjorden wurde die Schifffahrt auf Grund der Eissituation zeitweise behindert und örtlich eingestellt.
Die Eissaison in der nördlichen Ostsee war relativ lang mit der ersten Eisbildung Ende Oktober in der nördlichen Bottenwiek und dem Verschwinden des letzten Eises dort Anfang Juni. Weiter südlich kam es zwar örtlich vergleichsweise früh zur ersten Eisbildung aber die Dauer der Eissaison war zumeist kürzer als gewöhnlich. Auf See bildete sich in der Ostsee insgesamt vergleichsweise wenig Eis, obwohl sich in den küstennahen Gebieten das Eis vielerorts von der Bildung bis zum Schmelzen kontinuierlich gehalten hat.
Das erste Eis in den nördlichen Schären der Bottenwiek hat sich Ende Oktober gebildet. Es dauerte jedoch bis Ende November bis sich das Eis auf Bereiche außerhalb der geschützten, küstennahen Gebiete ausgedehnt hat. Zu dieser Zeit setzte Eisbildung auch entlang der Küste der südlichen Bottenwiek, in geschützten Buchten Norra Kvarkens und der nördlichen Bottensee sowie im Mälarsee ein. Mit Beginn des Dezembers bildete sich auch erstes Eis im östlichen Finnischen Meerbusen und im Nordosten des Rigaischen Meerbusen. Im Verlauf des Dezembers blieb die Eisbildung auf die küstennahen Gebiete beschränkt. Dort aber hielt sich das Eis zumeist die gesamte Zeit und es bildete sich in der nördlichen Bottensee, Norra Kvarken, der Bottenwiek und dem östlichen Finnischen Meerbusen das erste Festeis. Mit Anfang Januar breitete sich das Eis in der Bottenwiek und dem östlichen Finnischen Meerbusen weiter auf See aus. Im Norden konnte sich das Eis dort aber zunächst nicht behaupten, da stärkere Winde das dünne Eis wieder auflösten oder vertrieben. Im Finnischen Meerbusen hielt sich das Eis bis ungefähr zur Insel Seskar. Ende Januar/Anfang Februar sorgten kalte Temperaturen für eine vermehrte Eisbildung auf See und am 3./4.02.2022 wurde schließlich die maximale Eisausdehnung für diesen Winter erreicht. Die Eissituation zu am 03.02.2022 ist in der Eiskarte des BSH in Abbildung 12 dargestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die gesamte Bottenwiek und Norra Kvarken mit zumeist 5–20 cm dickem Eis bedeckt, örtlich kam jedoch bis 50 cm dickes Treibeis vor. Das Festeis entlang der Küste war bis 70 cm dick. In der Bottensee lag in den küstennahen Gebieten Festeis und weiter außerhalb gab es im Osten Neueis; die See war jedoch eisfrei. Im Finnischen Meerbusen gab es Festeis entlang der nördlichen Küste und im Osten. Auf See kam bis zum Leuchtturm Rodser 5–30 cm dickes Treibeis vor. Im Nordosten des Rigaischen Meerbusens gab es dünnes Eis im Väinameri und Treibeis von Saaremaa bis Pärnu. Entlang der schwedischen Küste der nördlichen Ostsee kam örtlich Neueis vor und weiter südlich waren nur im Kurischen Haff Reste von Treibeis.
Abbildung 12 Eiskarte vom 03.02.2022 für die gesamte Ostsee herausgegeben vom BSH.
Die Eissituation hat sich im Laufe des Februar und zu Beginn des Märzes im Großen und Ganzen wenig verändert. Die Grenze des Treibeises in der Bottenwiek und dem östlichen Finnischen Meerbusen hat sich etwas nach Norden bzw. Osten verschoben und südlich von Norra Kvarken hat sich das Eis mit Ausnahme des östlichen Finnischen Meerbusens auf die küstennahen Gebiete beschränkt. In den südlichen Bereichen setzte ab Mitte März Tauwetter ein, so dass das Eis im Rigaischen Meerbusen aber auch entlang der südlichen schwedischen Küste langsam zurückgegangen ist. In der Bottenwiek ist im Laufe des März das Treibeis nach Norden vertrieben und hatte Ende März eine Dicke bis 70 cm während das Festeis bis 85 cm dick war. Im östlichen Finnischen Meerbusen hat sich das bis 30 cm dicke Treibeis auf See zunächst bis zur Insel Moščnyj gehalten bevor es Anfang April weiter nach Osten vertrieben wurde. Das Festeis im Finnischen Meerbusen war bis 45 cm dick. Im Rigaischen Meerbusen verschwand das letzte Eis in der Bucht von Pärnu Mitte April. Während der St. Petersburger Hafen ab dem 20. April eisfrei war, hielt sich das letzte Eis im östlichen Finnischen Meerbusen, dem Schärenmeer und der Bottensee bis Ende April/Anfang Mai. Zu dieser Zeit gab es in der Bottenwiek noch ein größeres Gebiet mit dickem Treibeis etwa vom Simpgrund/Falkensgrund bis zur finnischen Küste. Außerhalb des Festeises im Norden und Westen befand sich eine breite Rinne zumeist offenen Wassers mit vereinzelten Eisschollen. Im Laufe des Mai ist das Eis in der Bottenwiek langsam zurückgegangen. Im Westen verschwand das Eis deutlich schneller als im Osten, da durch mehrheitlich westliche Winde das dickere Treibeis an die östliche Küste getrieben wurde. Mitte Mai war die Westküste so gut wie eisfrei, während entlang der Ostküste insbesondere von Raahe bis Kalajoki noch sehr dichtes Treibeis lag. Das letzte Eis ist am 3. Juni verschwunden.
Schifffahrtsbeschränkungen hinsichtlich Eisklasse und Schiffsgröße bzw. Maschinenleistung gab es in der nördlichen Bottenwiek ab dem 04.12.2021 und bis zum 25.05.2022. In der restlichen Ostsee gab es zeitweise Schifffahrtsbeschränkungen bis in den Rigaischen Meerbusen. Zur Unterstützung der Schifffahrt wurden im Verlauf des Winters zahlreiche Eisbrecher eingesetzt. Der Saimaakanal war vom 30.01.2022 bis zum 30.04.2022 gesperrt. Das Verkehrstrennungsgebiet in Norra Kvarken war vom 15.01.2022 bis zum 02.05.2022 ausgesetzt.
Die Stärke des Eiswinters für die gesamte Ostsee wird an Hand der maximalen Eisausdehnung bestimmt. Diese wurde laut dem finnischen und schwedischen Eisdienst (FMI bzw. SMHI) am 04.02.2002 erreicht und betrug 93000 km
2. Aus den Eiskarten des BSH ergab sie die Eisausdehnung der Ostsee am 03.02.2022 zu 87410 km
2. Die Unterschiede in den Zahlen des BSH und des FMI/SMHI kommen durch unterschiedliche Landmasken, Unterschiede bei der Interpretation der Satellitenbilder sowie bei der Berechnung der Ausdehnung zu Stande, folgen aber dem gleichen Trend. Dies zeigt eine Zeitreihe der maximalen Eisausdehnung erstellt aus Werten vom finnischen Eisdienst und dem BSH in Abbildung 13.
Abbildung 13 Maximale Eisausdehnung der Ostsee nach Berechnung des finnischen Eisdienstes (FMI) und des BSH von 1961-2021.
Die in Abbildung 13 dargestellten Grenzen der Eiswinterstärke von extrem schwach bis extrem stark wurden nach der Methode von Nusser bestimmt [4]. Nach dieser Klassifikation ist der Winter 2021/22 als schwacher Winter einzustufen; liegt dabei aber nur sehr knapp über der Grenze zu einem sehr schwachen Winter. Nach Einteilung des schwedischen und des finnischen Eisdienstes handelt es sich in einer dreistufigen Skala von schwachen, normalen und starken Eiswintern um einen schwachen Winter (< 115000 km
2). Damit ist die maximale Ausdehnung etwas geringer als im vergangenen Winter.
Über die aktuelle Eislage und vorausichtlichen Entwicklungen in der gesamten Ostsee und in den deutschen Küstengewässern von Nord- und Ostsee informierte das BSH mit folgenden Berichten und Karten:
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Eisberichte (Amtsblatt, herausgegeben von Montag - Freitag)
German Ice Reports (Informationen über die Eislage deutscher Fahrwasser)
Ostseeberichte (Detaillierte Beschreibung der Eislage entlang der deutschen Ostseeküste)
Nordseeberichte (Detaillierte Beschreibung der Eislage entlang der deutschen Nordseeküste)
Wochenberichte (Rückblick und Ausblick auf die Entwicklungen der Eislage)
Eiskarten der gesamten Ostsee (einmal pro Woche)
Eiskarten der deutschen Nord- und Ostseeküste (bis zu täglich)
Eiskarte der deutschen Ostseeküste (bis zu täglich)
- Deutscher Wetterdienst (2022, 28. Februar), Deutschlandwetter im Winter 2021/22 [Pressemitteilung], https://www.dwd.de/DE/presse/pressemitteilungen/DE/2022/20220228_deutschlandwetter_winter2022_news.html
- Haeseler, S., Der Wetterlotse, Ausgabe 6/2021, Deutscher Wetterdienst
- Koslowski, G., 1989: Die flächenbezogene Eisvolumensumme, eine neue Maßzahl für die Bewertung des Eiswinters an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins und ihr Zusammenhang mit dem Charakter des meteorologischen Winters. Dt. hydrogr. Z. 42, 61-80
- Nusser, F., 1948: Die Eisverhältnisse des Winters 1947/48 an den deutschen Küsten. Dt. hydrogr. Z. 1, 149–156
Appendix
A Kennzahlen der Eisbeobachtungsstationen
Tabelle A1 Kennzahlen der deutschen Eisbeobachtungsstationen, die im Winter 2021/22 Eis gemeldet haben.
B. Ostsee-Eiskode der deutschen Beobachtungsstationen
Figure B1 Ostsee-Eiskode der deutschen Beobachtungsstationen im Winter 2021/22.